Führungskräfte coachen nicht!

Es ist ein Mythos der Weiterbildungsanbieter und wohl auch typisch, wenn Mitarbeiterführung zu sehr auf die Psyche verengt wird: die Führungskraft ist natürlich auch Coach! Neuerdings sind übrigens auch Lehrer der Coach ihrer Schüler- was für eine grandiose Vorstellung…

Eine direkte Vorgesetzten- Mitarbeiter Beziehungen macht die Rolle „Coach- Klient“ unmöglich. Denn die Führungsbeziehung ist machtvoll, bewertet und übt Kontrolle aus. Sie ist grundsätzlich für eine Coachingarbeit ungeeignet. Entweder man führt und bestimmt die zu erfüllenden Aufgaben, unterstützt bei der Leistungserbringung und bewertet dann das Ergebnis. Oder man coacht und hat die Verantwortung für einen individuellen Entwicklungsprozess, dessen Richtung und Tempo der Klient bestimmt.

Allerdings, und das muss aus Fairnessgründen hier gesagt werden, ist beim Thema „Führungskraft als Coach“ in den meisten Unternehmen gar nicht gemeint, dass die Führungskraft nun auch noch die Rolle eines echten Coaches einnehmen soll.

Vielmehr handelt es sich oft um eine Inszenierung, um einen Slogan, mit dem Trainings und Weiterbildungen kommunikativ an die „Coachingwelle“ angehängt werden sollen. Weil Coaching boomt, sollen eben alle damit beglückt werden!

Haltung führt

Wenn ich da in Curricula der großen Weiterbildungsanbieter mit der Überschrift „Führungskraft als Coach“ schaue, beobachte ich vor allem Angebote aus dem Maschinenraum der Tools & Techniken, die eine mechanistische Haltung verraten. Da war davon die Rede, dass in der Ausbildung v.a. Fragetechniken (natürlich zirkulär), Ressourcenorientierung (immer nach der Lösung fragen) und „das Lesen von Körpersprache“ wichtig seien. Denn es sei ja wichtig, schnell Hilfe zu geben und Lösungen zu finden. So weit, so schlecht.
Denn es ist doch klar: Wie ein Coach zu arbeiten, ist keine Frage der technischen Disziplin, sondern eine Frage der Haltung. Die Frage: „Was läuft besonders gut?“ aus einer Lotsen- Haltung, die sich nur dem Klienten widmet, wirkt gänzlich anderes als die gleiche Frage aus einer Kapitäns- Haltung, die nach einer optimalen Aufgabenerfüllung und Effektivitätssteigerung sucht.

Meine Empfehlung ist daher: erweitern sie ihr Repertoire als Führungskraft stetig und mit Freude. Hüten sie sich aber vor den Quacksalbern, die mit dem Wort „Coaching“ ein Gebräu anrühren, das wunderbare Wirksamkeit verspricht. Unterscheiden sie Führung und Coaching als zwei unterschiedliche Wege, Menschen in Organisationen auf ihrem Arbeitsweg zur Seite zu stehen.

Unterscheide die Rollen, ohne zu trennen

Deshalb muss man aber nicht so trennen, dass sich beide Wege aus dem Blick verlieren: eine Auftragsklärung unter Einbindung der Führungskraft, eine Prozesssteuerung durch die HR- Abteilung und ein lessons learned Prozess in der Mitte und am Ende des Coachings verbinden den Führungsweg und den Coachingweg, ohne dass sich die beiden Rolleninhaber Führungskraft und Coach in ihrer Wirksamkeit behindern. Welchem Kapitän es gelingt, in seine Führungskommunikation weniger rhetorische Fragen sondern mehr Fragen mit einer ehrlichen Haltung des Erkundens und Beobachtens einzubauen, der vereint Gutes aus beiden Wegen.
Aber die Führungskraft, die auch Coach sein will, überspannt den Bogen und betreibt eine unproduktive Egalisierung zweier unterschiedlicher Disziplinen.

2 Kommentare zu „Führungskräfte coachen nicht!“

  1. Ich hätte da eine Frage: Was macht denn eine Führungskraft mit einem Mitarbeiter, der zwar das Ziel kennt, aber Schwierigkeiten in der Umsetzung hat. Was mache ich als Führungskraft mit dem?
    a. Ich weise ihn zurecht und sage ihm, er solle sich mal anstrengen.
    b. Ich gebe ihm meine Lösung mit auf den Weg.
    c. Ich sage ihm, er solle sich bitte einen Coach suchen
    d. Ich sage ihm „Lass mich mal machen“ und erledige seine Aufgabe.
    e. Ich setze mich mit ihm hin und kläre mit ihm gemeinsam über lösungsorientierte und systemische Fragen, wie er die Aufgabe gut erledigen kann.

    1. Mit scheint das keine Frage, sondern eine Befragung zu sein, lieber Herr Sander. Zumal der Text ja schon Auskunft gibt:

      „Welchem Kapitän es gelingt, in seine Führungskommunikation weniger rhetorische Fragen sondern mehr Fragen mit einer ehrlichen Haltung des Erkundens und Beobachtens einzubauen, der vereint Gutes aus beiden Wegen.“

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen